Oberländer Ufer 174
50968 Köln

Telefon: +49 221 412004
Telefax: +49 221 4200066
E-Mail: kanzlei@koehler-rae.de

» Routenplaner

BGH, Urteil vom 4.6.2014 - VIII ZR 289/13

Darf der Mieter den Vermieter "vor die Tür setzen"?

Ein Streit des Vermieters mit dem Mieter berechtigt nicht in jedem Fall zur außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses. In dem vom BGH entschiedenen Fall hatte sich die Vermieterin zur Besichtigung des Mietobjektes angemeldet, um die vom Mieter installierten Rauchmelder in den Wohnräumen zu überprüfen. Bei dieser Gelegenheit versuchte die Vermieterin, das gesamte Haus zu inspizieren und gegen den Willen des Mieters auch Räume zu betreten, die nicht mit Rauchmeldern versehen waren. Die Vermieterin öffnete zudem Fenster und nahm Gegenstände von der Fensterbank. Nachdem die Vermieterin der Aufforderung des Mieters zum Verlassen des Hauses nicht nachkam, umfasste der Mieter die Vermieterin mit beiden Armen und trug sie aus dem Haus. Wegen dieses Vorfalles erklärte die Vermieterin kurze Zeit später die fristlose, hilfsweise fristgemäße Kündigung des Mietverhältnisses und erhob Räumungsklage. Das Amtsgericht wies die Räumungsklage ab, auf die Berufung der Vermieterin hat das Landgericht der Räumungsklage stattgegeben. Der BGH hält weder die fristlose noch die fristgemäße Kündigung für wirksam. Aufgrund der Abrede der Parteien war die Vermieterin nicht berechtigt, auch solche Räume zu betreten, in denen sich keine Rauchmelder befinden. Indem sie dies gleichwohl - gegen den ausdrücklichen Willen des Mieters - durchzusetzen versuchte und der Aufforderung zum Verlassen des Hauses nicht nachkam, hat sie das Hausrecht des Mieters verletzt. Die Vermieterin trägt daher zumindest eine Mitschuld an dem nachfolgenden Geschehen, so dass das Verhalten des Mieters keine gravierende Pflichtverletzung darstellt, die eine Kündigung rechtfertigen könnte. Zwar hat der Mieter geringfügig die Grenzen des Notwehrrechts überschritten, diese Überschreitung führt jedoch nicht dazu, dass der Vermieterin die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann.

Landgericht Düsseldorf, Urteil v. 05.06.2013 - 223 S 246/12

Das Interesse des Vermieters an einer funktionsfähigen Wärmedämmfassade überwiegt das Interesse des Mieters.

Das Landgericht Düsseldorf hatte im Juni 2013 folgenden Konflikt zur Entscheidung vorliegen: Ein Vermieter hatte die Fassade seines Hauses durch Anbringung einer Wärmedämmung saniert. Im Zuge dieser Sanierung mussten eine zur Mietwohnung des späteren Klägers gehörende Außenjalousie entfernt sowie die Abluftöffnung für eine Dunstabzugshaube verschlossen werden. Der Mieter verlangte hieraufhin Wiederherstellung von beidem, hilfsweise den Ersatz von Kosten für angemessene Kompensationsmaßnahmen. Das Landgericht urteilte, dass das Interesse des Vermieters an einer funktionsfähigen Wärmedämmfassade das Interesse des Mieters an der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes überwiegt. Der Mieter hat in der Folge keinen Anspruch auf Wiederherstellung (von Außenjalousie und Abluftöffnung), wenn diese zur Wärmedämmung entfernt werden mussten und nicht ohne Beeinträchtigung der Funktionstüchtigkeit der neuen Wärmedämmung wieder hergestellt werden können. Sofern für den Mieter in der Folge eine Verschlechterung der Mietsache eintritt (bspw. Wegfall von Sicht- und Einbruchsschutz im Erdgeschoss), kann der Mieter jedoch nach dem Urteil des Landgerichts Ersatz von Kosten für angemessene Kompensationsmaßnahmen (bspw. Innenjalousien und Fenstersicherungen) verlangen. Verbleibenden Beeinträchtigungen des vertragsgemäßen Gebrauchs soll der Mieter mit Mietminderung oder Schadenersatzforderung begegnen können.

BGH, Urt. v. 08.01.2014 - VIII ZR 210/13

Eine tageweise Untervermietung an Touristen ist grundsätzlich unzulässig

Der BGH hat im Januar 2014 eine Entscheidung über die Zulässigkeit einer tageweisen Untervermietung an Touristen getroffen. Eine Erlaubnis zur Untervermietung umfasst nach der Entscheidung des BGH grundsätzlich nicht die Erlaubnis einer bloß tageweisen Vermietung an Touristen. Etwas anderes kann nach dem BGH aber gelten, wenn besondere Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass von der Erlaubnis auch eine solche Art der Untervermietung erfasst ist. In dem vom BGH entschiedenen Fall war eine Erlaubnis zur Untervermietung "ohne vorherige Überprüfung" der Untermieter erteilt. Selbst bei einer solch weiten Erlaubnis zur Untervermietung kann nach dem BGH nicht davon ausgegangen werden, dass diese kurzfristige Untervermietungen an wechselnde Feriengäste beinhaltet. Ausschlaggebend sei, dass sich eine derartige Untervermietung von einer gewöhnlichen Untervermietung unterscheide. Sofern eine Überlassung an Touristen nicht ausdrücklich vorgesehen werde, sei eine ungewöhnliche Nutzung von der Erlaubnis zur Untervermietung nicht umfasst.




BGH, Urt. v. 6.11.2013 - VIII ZR 416/12

Vermieter haben bei Auszug des Mieters Anspruch auf Wiederherstellung des ursprünglichen neutralen Anstrichs

Der Mieter ist gemäß §§ 535, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er eine in neutrales Dekoration übernommene Wohnung bei Mietende in einem ausgefallenen farblichen Zustand zurückgibt, der von vielen Mietinteressenten nicht akzeptiert wird und eine Neuvermietung der Wohnung praktisch unmöglich macht. Der Schaden des Vermieters besteht darin, dass er die für breite Mieterkreise nicht akzeptable Art der Dekoration beseitigen muss.     

BGH, Urt.v. 22.1.2013 - VIII ZR 329/11

Zulässigkeit eines formularmäßigen Verbots zur Tierhaltung im Mietvertrag

Ein uneingeschränktes formularmäßiges Verbot der Hunde- und Katzenhaltung in einem Wohnraummietvertrag ist - auch unter Beachtung der zulässigen Kleintierhaltung - mit dem Kernbereich des Nutzungsrechtes nicht vereinbar. Formularklauseln, die die Erlaubniserteilung in das freie und damit nicht überprüfbare Ermessen des Vermieters verlagern, sind unwirksam. Enthält der Mietvertrag z.B. eine Klausel, dass der Mieter Haustiere (mit Ausnahme von Kleintieren) nur mit Zustimmung des Vermieters halten und die Zustimmung von dem Vermieter nach freiem Ermessen widerrufen werden darf, stellt dies eine unbillige Benachteiligung des Mieters dar. Das "freie Ermessen" des Vermieters ist für den Mieter an keine nachprüfbaren Beurteilungsvoraussetzungen gebunden. In der nach § 307 Abs. 1 BGB mieterfeindlichsten Auslegung der Klausel kann der Vermieter die Zustimmung zur Tierhaltung auch ohne Vorliegen eines Grundes, wie z.B. Störung der Nachbarn, versagen. Für einen derart schrankenlosen Erlaubnisvorbehalt des Vermieters liegt kein berechtigtes Interesse desselben vor. Ist die Formularklausel zur Tierhaltung unwirksam, ist die Frage der Tierhaltung danach zu beurteilen, ob sich diese im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs nach § 535 Abs. 1 BGB bewegt.


BGH, Urt. v. 10.7.2013 - VIII ZR 388/12

Ergänzende Vertragsauslegung bei unwirksamer Befristung des Mietvertrages

Ergibt sich, dass ein Mietvertrag eine unwirksame Befristungsklausel enthält, gilt der Vertrag nach § 575 Abs. 1 Satz 2 BGB als auf unbestimmte Zeit geschlossen. Die dadurch im Vertrag entstandene Lücke ist durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen. In dem zugrunde liegenden Fall mietete der Beklagte von der Klägerin ab dem 1.11.2004 eine Wohnung. Der Mietvertrag enthält die folgende Bestimmung: "Das Mietverhältnis ist auf Verlangen des Mieters auf bestimmte Zeit abgeschlossen. Es beginnt am 1.11.2004 und endet am 31.10.2011, wenn es nicht verlängert wird mit 2x3-jähriger Verlängerungsoption." Die Klägerin kündigte das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs zum 31.8.2011 fristgemäß, mit Schreiben vom 2.10.2012 kündigte sie fristlos. Nach dem BGH ist die ordentliche Kündigung unwirksam, da die Klägerin bei Abschluss des Mietvertrages nicht gemäß § 575 Abs. 1 S. 1 BGB den Grund für die Befristung mitgeteilt hat. Der Mietvertrag gilt daher als auf unbestimmte Zeit geschlossen. Im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung ist zu berücksichtigen, was die Parteien redlicherweise vereinbart hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Vertragsklausel bekannt gewesen wäre. Da das von beiden Parteien verfolgte Ziel einer langfristigen Bindung an den Mietvertrag durch einen beiderseitigen Kündigungsverzicht erreicht werden kann, nahm der BGH einen Ausschluss der ordentlichen Kündigung für die Dauer der Befristung an. Der Rechtsstreit wurde an das Landgericht zurückverwiesen, weil dieses keine Feststellungen zur Wirksamkeit der ebenfalls ausgesprochenen fristlosen Kündigung getroffen hat. 

BGH, Urt. v. 17.4.2013 - VIII ZR 252/12

Umlage der Grundsteuer in der Betriebskostenabrechnung

Die Kosten für die Grundsteuer können von dem Vermieter ohne weitere Rechenoperationen in die Betriebskostenabrechnung eingestellt werden.

In dem zugrunde liegenden Fall nahm die Zwangsverwalterin einer Wohnung die beklagte Mieterin auf Nachzahlung von Betriebskosten in Anspruch. Die Beklagte wandte unter anderem ein, der Betrag der Grundsteuer könne nicht ohne weiteres in die Abrechnung eingestellt werden, vielmehr müsse eine Umlage nach Wohnfläche erfolgen. Der BGH sieht dies anders. Vom Mieter zu tragende Betriebskosten, die - wie die Grundsteuer - von einem Dritten speziell für die einzelne Wohnung erhoben werden, sind in der Betriebskostenabrechnung an den Mieter schlicht "weiterzuleiten". Jede Eigentumswohnung bildet für sich eine wirtschaftliche Einheit, so dass keine weitere Umlage erforderlich ist. Für die Anwendung eines gesetzlich oder vertraglich vereinbarten Umlageschlüssels ist kein Raum, da es bei derartigen Positionen nichts umzulegen gibt.

BGH, Urt. v. 10.4.2013 - VIII ZR 213/12

Erteilung von Musikunterricht in der Mietwohnung

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass ein Vermieter nicht verpflichtet ist, dem Mieter zu erlauben, in der Mietwohnung gewerblich Musikunterricht zu erteilen. Die Parteien stritten um die Räumung einer Mietwohnung, die die Mutter des Beklagten im Jahr 1954 angemietet hatte. Im Jahr 2006 zog auch der Beklagte in diese Wohnung ein, um seine Mutter zu pflegen. Nachdem die Mutter verstorben war, zeigte der Beklagte gegenüber dem Kläger den Tod der Mutter an und erklärte den Eintritt in das Mietverhältnis. Der Kläger kündigte das Mietverhältnis außerordentlich und gab zur Begründung an, der Beklagte habe über mehrere Jahre hinweg ohne seine Erlaubnis in der Wohnung Gitarrenunterricht erteilt und die Wohnung damit entgegen dem vertraglichen Zweck gewerblich genutzt. Wegen des durch den Unterricht verursachten Lärms sei es zudem zu den Hausfrieden unzumutbar beeinträchtigenden Streitigkeiten mit den Mitmietern gekommen. 

BGH, Urt. v. 20.3.2013 - VIII ZR 233/12

Keine Rechtsmissbräuchlickeit einer Kündigung wegen eines bei Abschluss des Mietvertrages noch nicht absehbaren Eigenbedarfs

Der Bundesgerichtshof hat sich mit der Frage befasst, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Wohnungsvermieter wegen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens gehindert sein kann, das Mietverhältnis gemäß § 573 Absatz 1, 2 Nr 2 BGB wegen Eigenbedarfs zu kündigen.

Die Beklagten sind seit Februar 2008 Mieter eines Einfamilienhauses der Klägerin. Mit Schreiben vom 29. März 2011 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis zum 30. Juni 2011 mit der Begründung, das Haus werde für ihren Enkel und dessen Familie benötigt. Das Amtsgericht hat den Eigenbedarf als bewiesen erachtet und der Räumungsklage stattgegeben. Das Landgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Es hat die Eigenbedarfskündigung nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen, obwohl sie nur drei Jahre nach Beginn des Mietverhältnisses ausgesprochen worden sei und der Sohn der Klägerin bei der Anmietung gegenüber den Mietern mündlich geäußert habe, ein Eigenbedarf komme nicht in Betracht, allenfalls sei ein Verkauf des Anwesens möglich. Denn der Eigenbedarf sei erst später aufgrund einer nach der Vermietung eingetretenen Änderung der beruflichen und familiären Verhältnisse des Enkels entstanden und für die Klägerin zuvor nicht absehbar gewesen.

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs ist die ausgesprochene Kündigung nicht rechtsmissbräuchlich. Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs ist nur dann rechtsmissbräuchlich, wenn der Vermieter bei Abschluss des Mietvertrages beabsichtigt oder zumindest erwägt, die Wohnung alsbald selbst zu nutzen oder sie einem Angehörigen seiner Familie oder seines Haushalts zu überlassen. Dies war nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichtes nicht der Fall, weil bei Abschluss des Mietvertrages für die Klägerin noch nicht absehbar war, dass ihr Enkel seine Lebensplanung ändern würde und das vermietete Haus zusammen mit seiner zwischenzeitlich schwangeren Partnerin und späteren Ehefrau würde bewohnen wollen.     


BGH, Urt. v. 20.3.2013 - VIII ZR 168/12

Kein generelles Verbot der Hunde- und Katzenhaltung durch eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Mietvertrag

Der Bundesgerichtshof hat sich mit der Frage befasst, ob eine Formularklausel in einem Wohnraummietvertrag wirksam ist, welche die Haltung von Hunden und Katzen in einer Mietwohnung generell untersagt.

Der Beklagte mietete eine Wohnung der Klägerin in Gelsenkirchen. Die Klägerin ist eine Genossenschaft, der auch der Beklagte angehört. Im Mietvertrag war - wie bei der Klägerin üblich - als "zusätzliche Vereinbarung" enthalten, dass das Mitglied verpflichtet sei, "keine Hunde und Katzen zu halten." Der Beklagte zog mit seiner Familie und einem Mischlingshund mit einer Schulterhöhe von etwa 20 cm in die Wohnung ein. Die Klägerin forderte den Beklagten auf, das Tier binnen vier Wochen abzuschaffen. Der Beklagte kam dieser Aufforderung nicht nach. Hierauf hat die Klägerin den Beklagten auf Entfernung des Hundes aus der Wohnung und auf Unterlassung der Hundehaltung in der Wohnung in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen.

Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Der BGH hat entschieden, dass eine Allgemeine Geschäftsbedingung des Vermieters, welche die Haltung von Hunden und Katzen in der Mietwohnung generell untersagt, gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist. Sie benachteiligt den Mieter unangemessen, weil sie ihm eine Hunde- und Katzenhaltung ausnahmslos und ohne Rücksicht auf besondere Fallgestaltungen und Interessenlagen verbietet. Zugleich verstößt sie gegen den wesentlichen Grundgedanken der Gebrauchsgewährungspflicht des Vermieters in § 535 Abs. 1 BGB. Ob eine Tierhaltung zum vertragsgemäßen Gebrauch im Sinne dieser Vorschrift gehört, erfordert eine umfassende Interessenabwägung im Einzelfall. Eine generelle Verbotsklausel würde - in Widerspruch dazu - eine Tierhaltung auch in den Fällen ausschließen, in denen eine solche Abwägung eindeutig zugunsten des Mieters ausfiele. Die Unwirksamkeit der Klausel führt nicht dazu, dass der Mieter Hunde oder Katzen ohne jegliche Rücksicht auf andere halten kann. Sie hat vielmehr zur Folge, dass die nach § 535 Abs. 1 BGB gebotene umfassende Abwägung der im Einzelfall konkret betroffenen Belange und Interessen der Mietvertragsparteien, der anderen Hausbewohner und der Nachbarn erfolgen muss. Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht eine Zustimmungspflicht der Klägerin zur Hundehaltung rechtsfehlerfrei bejaht.

(PM BGH)